Gastartikel: „Tränen über seine Wangen…“ (Februar 2012)

Im Februar 2012:

Liebe Gudrun, liebe Mitglieder,

endlich finde ich Zeit und Muße über mein Besuch in dem Waisenhaus zu berichten.

Wir fuhren zu dritt, meine Freundin Nele Erndwein (ebenfalls Kita-Mitarbeiterin, die auch 600 Euro durch einen Bazar für Goldkinder erwirtschaftete) und Gero Fiedler (Maschinenbauingenieur, spendete auch schon für Goldkinder). Wir planten drei Tage für Mae Sai ein, vom 28.12-31.12.2011,  um uns ganz in Ruhe dort alles anzuschauen.

Leider buchten wir einen falschen Flug, statt Chiang Rai nach Chiang Mai, so dass wir noch einen langen Weg mit dem Bus fahren mussten und erst am späten Nachmittag sehr erschöpft in Mae Sai ankamen und uns für diesen Tag bei Ngaow abmeldeten.

Wir verabredeten, dass er uns am nächsten Tag um elf Uhr vom Hotel abholt. Sogar vor elf stand der reparaturbedürftige Jeep vor dem Hotel (er quietschte von überallher). Es war ein komisches Gefühl für mich, jetzt endlich das Waisenhaus zu sehen, auf das ich seit fast 3 Jahren neugierig war.

Meine Gefühle waren gemischt, ich hatte Angst, dass es mich sehr berührt und ich diese Eindrücke zu sehr mit mir rumtrage und ich freute mich 2.400 Euro in bar zu überreichen. Der Weg kam mir unheimlich lang vor, obwohl es nur 8 km waren.

Das Waisenhaus hätten wir nie gefunden, wenn Ngaow uns nicht abgeholt hätte. Der blaue Himmel an dem Tag ließ die Gegend dort sehr harmonisch wirken, das orange der Häuser strahlte, die Pflanzen waren knackig grün, es war wunderbares, weiches Sonnenlicht, doch wenn es regnet und grau ist, kann es bestimmt auch einen verlassenen und trostlosen Eindruck machen, da drum herum wirklich nichts ist.

Als erstes beschauten wir die Aula oder den „Treffpunkt“. Drei Kinder schmückten die Bühne mit Sternen und Weihnachtsdekoration, andere schmückten den Eingang. Sie wollten Silvester und Weihnachten an einem Tag feiern und dafür wurde alles nett gemacht.

Auf der Bühne hing das Dankesplakat „10 Jahre Goldkinder“ mit Gudruns Foto (du berichtetest ja davon).  Auch das Organigramm in dem Raum hat mich fasziniert, es zeigt mir, dass es nicht nur gut organisiert wirkte sondern auch wirklich ist.

Alles andere durften wir auch beschauen und betreten. Es wirkte alles sehr sauber und aufgeräumt. Eine sehr friedliche und harmonische Atmosphäre. Ich fühlte mich schnell als „Eindringling“ in dieser friedvolle Umgebung und ich hatte das Gefühl, dass wir den Ablauf störten.

Es wirkte alles so gut eingespielt.  Die Kinder waren alle sehr bei sich und ließen sich kaum irritieren durch uns. Es waren aber auch nur ca. 10 Kinder da, die anderen sind ja den ganzen Tag in der Schule im Ort. Das hatte ich  nicht bedacht. Wir hatten große Pläne mit den Kindern etwas zu basteln und zu malen, es zeigte sich für mich jedoch ganz schnell, dass dies fehl am Platz war.

Dafür hätten wir mehr Vertrauen und viel mehr Zeit gebraucht. Aber für mich war es nicht weiter schlimm, ich hatte ein sehr gutes Gefühl dort und die Kinder wirkten alle sehr zufrieden. Mir fiel auf, dass die Kinder immer zu zweit waren, wahrscheinlich geben sie sich gegenseitig Geborgenheit und Halt. Sie haben ja so schlimme Sachen erlebt und kaum Liebe erfahren dürfen.

Hin und wieder kam ein Kind und schlich Ngaow um die Beine, er strich ihnen dann liebevoll über den Kopf. Das war echt herzerweichend anzuschauen.

Ich finde es sehr gut, dass sie auf dem Gelände des Waisenhauses eine Schule bauen wollen. Der Grundstein ist ja schon gelegt, jetzt fehlt es nur wieder an Geld. Ngaow erzählte, dass die Kinder es in der Stadtschule sehr schwer haben, da sie  nicht anerkannt werden und auf dem Grundstück zur Schule gehen.

Meine Idee war jetzt nochmal „ Step by Step“ anzufragen. Die spenden ja nur konkrete Projekte mit Kostenvoranschlägen. Es muss für den Schulbau ja einen Kostenvoranschlag geben, so dass man deren Bedingungen auch bedienen kann.

Was meinst du dazu, Gudrun? Hast du mehr Infos über dieses Schulprojekt, die du mir zur Verfügung stellen könntest? Vor allem Zahlen.

Im Büro erzählte Ngaow sehr viel, er war dort ganz anders als im Waisenhaus und zeigte uns noch Videos, die sehr aussagekräftig waren (kann man bei you tube sehen). Er war sehr  gerührt, als wir ihm erzählten durch welche Aktionen wir das Geld zusammen bekommen haben und er guckte sich sehr intensiv die mitgebrachten Fotos von den Kindern in der deutschen Kita an, die Bilder malten und versuchten Thai zu schreiben.

Es war beeindruckend für mich als Ngaow von seinem Werdegang erzählte und dabei Tränen über seine Wange kullerten. Ein sehr intensiver Moment. Er ist ein toller Mensch mit so viel gutem Herz und er gibt sich selbst auf für die Kinder im Childlife.

Er erzählte, dass er eigentlich vor 7 Jahren schon aufhören wollte, es aber nicht kann. Mir kam da der Gedanke, doch für ihn mal etwas zu tun. Er opfert sich wirklich auf und wirkte auf mich sehr traurig und demotiviert als er erzählte, dass er nicht aufhören kann.

Gudrun, hattest du den Eindruck auch? Ich habe mir kurz Sorgen um ihn gemacht.

Nach der „Geldübergabe“ sind wir mit ihm Essen gefahren. So richtig schön Thai. Anschließend zeigte er uns noch Sehenswürdigkeiten in Mae Sai. Es war nett mit ihm, er wirkte aber auf mich durchgehend bedrückt.

Wir drei beschlossen an dem nächsten Tag nicht nochmal in das Waisenhaus zu fahren, sondern uns die Brücke anzuschauen, wo die Kinder betteln und uns die Umgebung noch weiter anzuschauen. Auch das war sehr gut, aber sehr erschreckend die bettelnden Kinder zu sehen.

Ich bin froh, im Childlife gewesen zu sein und ganz deutlich gespürt zu haben, dass dieses Waisenhaus etwas Besonderes ist und mit viel Liebe geführt wird. Ich konnte mit einem sehr guten und ruhigen Gefühl und voller Vertrauen dort wegfahren und werde weiterhin kräftig Spenden einholen und Childlife unterstützen.

Gudrun, gut dass du dieses Waisenhaus entdeckt hast und mit soviel Engagement andere Menschen davon überzeugst auch etwas zu tun. Ich danke dir hierfür.

Allerliebste Grüße aus dem eiskalten Münster,

Steffie

  • 12. Oktober 2012