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Meine Arbeit in Nordthailand.

Die Vereinsvorsitzende Gudrun Daugs ist seit zehn Jahren in Thailand engagiert. Hier schreibt sie aus sehr persönlicher Sicht über das Kinderprojekt…

Vor 10 Jahren, d. h. 1999, entdeckte ich bei einer Rundreise durch den Norden Thailands , Kinderarmut, Bedürftigkeit, Hoffnungslosigkeit, die mich berührte und deren Ursprung ich mir in dem sonst so gut organisierten, kinderfreundlichen Land auf den ersten Blick nicht erklären konnte. Zurückgekehrt nach Deutschland, recherchierte ich über die Hintergründe dieser chancenlosen Kinder am Rande der Gesellschaft in diesem wunderschönen Urlaubsland.

Dabei stieß ich auf politische , ethnische , soziale Hintergründe, die leider weltweit wenig bekannt sind. Die Kinder, um die ich mich in Zukunft kümmern wollte, entstammen ethnischen Minderheiten aus dem Grenzgebiet zwischen Burma und Thailand. Ihre Familien sind staatenlos, werden allenfalls von Thailand oder Burma g e d u l d e t.

Gudrun Daugs ist seit 10 Jahren in Nordthailand aktiv

Gudrun Daugs ist seit 10 Jahren in Nordthailand aktiv

Sie wohnen in armseligsten Bergdörfern entlang der Grenze, haben keine Elektrizität, kein fließendes Wasser, nur winzige , wacklige Bambushütten als „ Dach über dem Kopf“ und keine Einnahmequellen , außer ein bisschen Landwirtschaft oder ein paar Hühner, Enten oder Schweine.

Es gibt keine Schule für die Kinder und keine Möglichkeit, etwas außerhalb ihrer Traditionen zu lernen. Sie spielen den ganzen Tag mit Abfall, wälzen sich im Staub und streunen durch die schöne Natur.

Für die Erwachsenen ist das Leben dort, abseits von jeglicher Zivilisation, ebenso hoffnungs- und perspektivlos. Die Männer verbringen ihre Zeit mit Reparaturarbeiten an den provisorischen Behausungen oder bauen etwas aus Materialen, die die Natur ihnen bietet. Die Frauen verbringen den Tag neben den üblichen Pflichten als Mutter und „Hausfrau„ mit Handarbeiten. Sie sticken aufwendige Trachtenkleider oder Taschen, zum Teil, um sie zu verkaufen.

Das alles reicht aber längst nicht zum Sattwerden und zum Überleben, denn die Familien sind naturgemäß sehr kinderreich. Geburtenregelung gibt es selbstverständlich nicht.

Zu allem Überfluss gibt es auch noch K r i e g , Krieg zwischen den einzelnen Dörfern, denn die Bewohner gehören oft verschiedenen Bergstämmen an, die unterschiedliche Sprachen sprechen und unterschiedlichen Religionen angehören. Das ist Grund genug, sich zu bekämpfen.

Alles in allem also eine aussichtslose Situation, in die immer mehr Kinder hineingeboren werden.

Um ihre finanziellen , existenziellen Probleme zu lösen, bleibt den Familien nur der Weg , an Geld durch Betteln, Stehlen, Dealen, Drogenhandel, Prostitution o.ä. zu kommen.

Dazu benutzen sie größtenteils ihre zahlreichen Kinder , die sich natürlich dem beugen müssen. Die Eltern dieser Kinder sind oft selbst nicht mehr in der Lage, Geld zu „ besorgen „, sind sie doch oft selbst drogenabhängig, an Aids erkrankt oder auch schon gestorben.

Da im Grenzgebiet zu Thailand, im südlichen Burma, Heroin angebaut wird, ist es nicht schwer für die Bergvölker , Drogen zu erwerben und so ihr Leben s c h e i n b a r etwas erträglicher zu machen. So legen die Kinder aus den entlegenen Bergdörfer täglich sehr viele Kilometer barfuss, hungrig, in Lumpen gehüllt zurück, um an die Brücke in Mae Sai zu gelangen, die Burma und Thailand verbindet.

Dort passieren täglich Tausende Menschen die Grenze in beide Richtungen. Die Kinder haben es dabei auf die Touristen abgesehen, die die Grenze für einen Tagesausflug nach Burma überqueren. Mit ihnen wollen sie ihre Geschäfte machen.

Der Erlös scheint das nackte Überleben zu ermöglichen, aber die grausame Perspektivlosigkeit bleibt.

Diesem Problem hat sich nun das Kinderprojekt Childlife Mae Sai seit 10 Jahren gewidmet. Die Kinder werden „von der Straße geholt„ , ihnen wird ein neues Zuhause geboten.

Dazu gehören eine Schulbildung, später z. T. eine Berufsausbildung , regelmäßige Mahlzeiten, Schlafmöglichkeiten in festen Unterkünften, viel Raum zum Spielen, zum Sporttreiben, zum Kreativsein wie Singen, Tanzen, Musizieren, Theaterspielen, Basteln, Handarbeiten, Dichten, Arbeiten im eigenen Garten, Angeln, , Baden, Haustiere halten u.s.w.

Sie werden zu Ordnung Sauberkeit, Hygiene, Disziplin, Selbstständigkeit, gegenseitiger Erziehung ,Rücksichtsnahme, Hilfe, Aufmerksamkeit, Zuwendung und Achtung angehalten. Das Leben gestaltet sich wie in einer Großfamilie ( z. Zt 130 Kinder ), dabei kümmern sich die Großen um die Kleinen .Aufgaben wie Reinigungsarbeiten im Projekt, Wäschewaschen, Küchenarbeit, Gartenarbeit, Hilfe im Projektbüro, Unterstützung der wenigen Erzieher usw werden gerecht und dem Alter entsprechend verteilt.

Das Projekt, was für mich eine bemerkenswerte positive Entwicklung in den 10 Jahren genommen hat, lebt a u s s c h l i e s l i c h von Spenden. Das ergibt sich aus der Herkunft der Kinder, s. o.. Sie haben keinerlei Recht auf staatliche Hilfe , um z. B. die Schule zu besuchen oder das Gesundheitswesen in Anspruch zu nehmen. Für thailändische Staatsbürger ist die Schulbildung, die ärztliche Versorgung einschließlich dem internationalen Standard entsprechende Impfungen, ein Selbstverständnis.

Unter diesen Voraussetzungen war es von Anfang an mein Ziel, diesen Außenseiter-Kindern, die weder eine Geburtsurkunde, noch einen Ausweis, ja oft nicht einmal einen offiziellen Namen oder ein genaues Geburtsdatum hatten, nach allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln zu helfen.

So besuchte ich zunächst ein mal jährlich während meiner Urlaubszeit das Projekt, brachte viele Zentner Hilfsgüter (auf dem Flugweg mit anschließender Bahn- Bus- und Autoreise ), Geldspenden in Höhe von insgesamt bisher ca. 20.000 Euro , Medikamente, Verbandsmaterial und mehrere hundert Impfstoffe gegen Diphterie, Tetanus und Poliomyelitis in das Projekt. Alles entstammte ausschließlich einer privaten Initiative, die viele Jahre über meine Kinderarztpraxis lief. Meine Patienten unterstützten mein Engagement in Thailand erfreulicherweise sehr großzügig.

Im Projekt untersuchte ich die Kinder, soweit das unter den primitiven Bedingungen, unter freiem Himmel möglich war. Bei festgestellten Erkrankungen leitete ich unverzüglich eine Therapie ein, falls keine Klinikeinweisung nötig war. Medikamente nach internationalem Standard sind problemlos in jeder Apotheke erhältlich , so dass ich sehr schnell helfen konnte. Bei den kontinuierlichen Impfaktionen konnte ich bei den meisten der Kinder, einen kompletten Impfstatus für Diphterie, Tetanus und Poliomyelitis erreichen. Jährlich kamen natürlich neue Ungeimpfte dazu, die die Impfaktion nie abreißen lassen. Leider gibt es keine Möglichkeit für mich, die Impfstoffe in Thailand zu erwerben, so dass die Vorbereitung und Organisation , einschließlich des Transportes der zu kühlenden Impfstoffe über die 10.000 km Flug- Bahn- Bus- und Autostrecke , jedes Mal eine logistische Herausforderung darstellt.

Aber ich bin überzeugt von der Wichtigkeit der Impfmaßnahmen , denn schon einmal wurde im Projekt das Ausbreiten einer Diphterie, an der ein ungeimpftes Kind erkrankt war, verhindert.

Im Projekt selbst habe ich ein kleines Krankenzimmer eingerichtet und ausgestattet, damit in meiner Abwesenheit ,von mir angelernte Ersthelfer, kranke oder verletzte Kinder wenigstens laienhaft medizinisch versorgen können.

Seit 2007 verbringe ich viel Zeit im Kinderprojekt, da ich ca 5 Monate pro Jahr in Thailand lebe. Ich besuche das Projekt mit Menschen, die sich für die Arbeit dort interessieren, die sich einbringen möchten und auf ihre Art helfen wollen. Es ist mein Ziel, möglichst viele Menschen für diese Kinder in Mae Sai zu begeistern, ihre Hilfebedürftigkeit zu e r l e b en , ihre Dankbarkeit und Freude zu s p ü r e n für jede, noch so kleine Zuwendung in j e d e r Form und Weise. Ich glaube, nur durch persönliches Erleben dieser Situation im Kinderprojekt, kann man verstehen, warum mir gerade diese Kinder so an´s Herz gewachsen sind, warum ich mich seit Jahren für sie (mit) verantwortlich fühle.

Dazu gehört neuerdings auch, dass ich regelmäßig Kinder aus Mae Sai zu mir in unser Gästehaus in Südthailand einlade und versuche, ihnen für einige Tage dort ein Leben in Geborgenheit, in familiärer Atmosphäre mit Annehmlichkeiten, die ihnen ihr Leben lang versagt waren, zu bieten. Ich hoffe, so bei den Kindern die Hoffnung auf ein schöneres Leben zu wecken. Vielleicht motiviert sie das z. B., in der Schule ,gute Leistungen zu erbringen ,als Voraussetzung für eine echte Zukunftsperspektive.

2008 habe ich zusammen mit meinem Lebensgefährten Günter Knopfe, eine gemeinnützigen Verein zur finanziellen Unterstützung der Kinder in Mae Sai gegründet. Inzwischen haben wir 25 Mitglieder, die teilweise schon das Projekt mit mir besucht haben. Wir hoffen in Zukunft auf eine erfolgreiche Vereinsarbeit zum Wohle der Kinder von childlife.

Gudrun Daugs

Wölfershausen, 11. 08. 2009

  • 19. August 2009
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Ulla Schollmeyer - 24. Januar 2010

Hallo und guten Tag, habe vor kurzem einen Bericht in der Tageszeitung gelesen und mir gesagt, du wolltest doch immer schon mal was tun……. und einmal in deinem Leben nach Thailand reisen (warum auch immer). Es gibt hier eine Möglichkeit für mich zu helfen????? Wie auch immer das aussehen mag. Bin zur Zeit arbeitssuchend und sehe dem auch positiv entgegen. Wer arbeiten will, findet Arbeit. Zudem habe ich mal Kauffrau gelernt, habe alles mögliche schon gemacht, drei Kinder im Alter von 21-25 Jahren und einen jungen Hund. Ich hab keine Ahnung, wie ich mich in dieses Projekt, von dem ich erst wenig gelesen habe, einbringen kann, aber vielleicht Sie???? Liebe Grüße Ulla Schollmeyer

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